Dienstag, 3. August 2010

Phytoplankton leidet unter Klimaerwärmung

Klein, aber oho! Das gilt sicher für die winzigen Lebewesen des Phytoplanktons, d.h. des Photosynthese betreibenden Teils des Planktons. Sie sind für rund die Hälfte der Primärproduktion (die Produktion von Biomasse aus CO2 mit Hilfe von Sonnenlicht) auf der Erde verantwortlich. Aber die Klimaerwärmung scheint ihnen nicht zu bekommen. Eine in Nature veröffentlichte Studie zeigt auf, wie sich die Menge an Phytoplankton während der letzten hundert Jahre verändert hat.

 Bild aus Wikipedia.

Messmethoden für die Phytoplankton-Biomasse

Um die Biomasse des Phytoplanktons zu bestimmen, misst man die Chlorophyllkonzentration im Wasser. Chlorophyll hat die praktische Eigenschaft, zu fluoreszieren, wodurch es sich relativ leicht messen lässt.

Ein weiterer guter Indikator für die Menge an Phytoplankton ist die Sichttiefe. Diese wird mit Hilfe einer Secchi-Scheibe gemessen. Das ist eine kreisförmige Scheibe mit zwei weissen und zwei schwarzen Viertelkreissegmenten. Sie wird ins Wasser abgesenkt, bis man sie nicht mehr sieht. Je geringer die Sichttiefe, desto mehr Phytoplankton.

Eine modernere Methode ist die Messung der Phytoplanktonmenge durch Satelliten aufgrund der Farbe des Meeres.

Satellitendaten eigen sich für historische Vergleiche natürlich nicht.  Doch sowohl Fluoreszenz- als auch Sichttiefenmessungen wurden ab Ende des 19. Jahrhunderts durchgeführt (bis 1950 allerdings eher spärlich). Für die Studie in Nature wurden Daten der beiden Messmethoden ausgewertet.

Ergebnisse der Studie

Insgesamt nimmt die Phytoplankton-Biomasse um etwa 1% pro Jahr ab. Dieser Trend wird von starken saisonalen und mehrjährigen Schwankungen überlagert. Nature News schreibt, seit 1950 habe die Phytoplanktonmenge um 40% abgenommen. Diese Zahl findet sich jetzt überall im Internet (alle haben brav abgeschrieben), sie steht aber nirgendwo im Originalartikel. Ich vermute, bei Nature News wurden die 1% pro Jahr hochgerechnet auf die 60 Jahre seit 1950. Ich komme so zwar auf 45% Abnahme (1−0.9960=0.45), aber bei den vielen Unsicherheiten braucht man sich über 5% mehr oder weniger nicht zu streiten.

Die stärkste Abnahme ist in den Polargebieten zu beobachten, während im Indischen Ozean und stellenweise auch im Pazifik sogar Zunahmen zu verzeichnen sind. Im offenen Meer hat die Phytoplanktonmenge stärker abgenommen als in Landnähe, wo v.a. seit 1980 vielerorts eine Zunahme zu beobachten ist. Dies ist vermutlich auf die zunehmende Eutrophierung ("Überdüngung") zurückzuführen.

Die Phytoplankton-Biomasse ist negativ korrelliert mit der Oberflächentemperatur des Meeres. Das heisst: Dort, wo sich das Meer am stärksten erwärmt hat, hat das Phytoplankton am meisten abgenommen. Die Autoren vermuten, dass der Grund dafür in der bei warmem Oberflächenwasser stärkeren Stratifikation zu suchen ist. Das Oberflächenwasser wird dann weniger mit Tiefenwasser vermischt, dadurch gelangen weniger Nährstoffe für das Phytoplankton aus der Tiefe nach oben.

Ein Teufelskreis?

Zwar gelangt ein Grossteil des von Phytoplankton umgesetzten Kohlenstoffs früher oder später via Walmagen wieder in die Atmosphäre, aber ein Teil sinkt als tote Lebewesen oder Ausscheidungen in die Tiefe. So trägt Phytoplankton dazu bei, dass CO2 aus der Atmosphäre vom Meer aufgenommen wird. Dieser Vorgang wird auch als die "biologische Pumpe" bezeichnet.

Wenn nun höhere Temperaturen zu einem Rückgang an Phytoplankton führen, dann ergibt sich daraus eine positive Rückkopplung: Weniger Phytoplankton führt zu einem stärkeren CO2-Anstieg in der Atmosphäre, wodurch wiederum die Temperatur steigt und das Phytoplankton noch mehr abnimmt etc.

In diesem Licht ist auch eine auf den ersten Blick geringe Abnahme von 1% pro Jahr keine gute Neuigkeit.


Quellen:

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